Therapie

Therapieüberblick

Die diätetische Behandlung nach Dünndarmresektion hängt sowohl vom Ausmaß als auch vom Ort der Resektion ab sowie vom zeitlichen Abstand zur Operation. Bei einer Resektion von > 75 % des Dünndarms kommt es zu einer ausgeprägten Malabsorption und Malnutrition d. h. eine lebenslange parenterale Ernährung wird erforderlich. Bei einer Resektion bis 50 % des Dünndarms kann in aller Regel der Verlust an Resorptionskapazität durch Adaption des Restdarms ausgeglichen werden (auf Dauer keine Malabsorption).

Therapie beim Kurzdarmsyndrom wird in drei Stadien eingeteilt:

I Hypersekretion (Sekretion > 2,5 l/Tag)
Dauer: 1 – 2 (– 6) Wochen
parenterale Ernährung unverzichtbar
Minimale enterale Substratzufuhr (10 – 20 ml/h)

II Adaptation (Sekretion < 2,5 l/Tag)
Dauer: 4 Wochen bis 1 Jahr
Aufbau der enteralen Ernährung

III Stabilisierung (maximale Adaptation)
nach 3 – 12 Monaten
orale Ernährung, Supplemente

Allgemeine Empfehlungen:

  • 5 – 10 kleine Mahlzeiten täglich
  • 1 Stunde nach den Mahlzeiten Flüssigkeitsverluste durch isotonische Getränke ausgleichen (Nutzen dieser Maßnahme überprüfen)
  • Reduktion des Fettanteils, je nach Ausmaß der Steatorrhoe u. U. Einsatz von Fetten mittelkettiger Fettsäuren (s. unten)
  • Ernährung nach dem Prinzip der Leichten Vollkost (leichte vollwertige Kost). Definition: In der Leichten Vollkost werden im Gegensatz zur Vollkost Lebensmittel und Speisen gemieden, die erfahrungsgemäß häufig, z. B. bei mehr als 5 % der Patienten Unverträglichkeit auslösen.

Milchzuckerunverträglichkeit:

Infolge einer Dünndarmresektion kann die Aktivität der Laktase fehlen oder vermindert sein. Die Laktose (= Milchzucker, kommt nur in Milch und Milchprodukten vor) kann nicht in die Bestandteile (Glucose und Galaktose) gespalten werden und tritt ins Kolon über. Hier findet der Abbau der Lactose durch die Bakterienflora statt. Die dabei entstehenden Spaltprodukte lösen die klinische Symptomatik wie Flatulenz, Diarrhoe und krampfartige Beschwerden aus.

Maßnahmen:

  • Meidung von Lactose und damit von Milch und Milchprodukten. Meist werden gesäuerte Milchprodukte (z. B. Joghurt) und laktosearme Produkte (z. B. Käse) vertragen.
  • Austestung der individuellen Milchzuckertoleranz.
  • Beachten: Milch ist ein entscheidender Calciumlieferant. Der Bedarf des Erwachsenen von etwa 1 g täglich kann bei völligem Verzicht auf Milch und Milchprodukte nicht gedeckt werden.
  • Um ausreichenden Milchkonsum zu gewährleisten evt. Verzehr von laktosearmer Milch (Spezialprodukt) oder orale Substitution von Lactase.

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Chologene Diarrhoe / Steatorrhoe / Fettstuhl / MCT

Die Gallensalze werden im terminalen Ileum rückabsorbiert. Nach operativer Entfernung des terminalen Ileums gelangen Gallensalze in den Dickdarm (Colon) und werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Die in das Colon übertretenden Gallensalze wirken peristaltikanregend und verringern die Resorption von Wasser im Colon, was eine Diarrhoe zur Folge hat (Chologene Diarrhoe). Durch diesen Verlust an Gallensalzen nimmt der Gesamtgehalt des Organismus an Gallensäuren (Gallensäurepool) ab. Deshalb kommt es zu einer Abnahme der Gallensalzkonzentration in der Gallenflüssigkeit mit Unterschreiten der kritischen Grenze für die Mizellenbildung (notwendig für Fettaufnahme). Dadurch wird das Fett (und fettlösliche Vitamine) schlechter vom Körper aufgenommen, und es kommt zum Fettstuhl (Steatorrhoe).

Maßnahmen:

  • Einschränkung der Fettzufuhr (Meidung von fettreichen Nahrungsmitteln und Koch- und Streichfett
  • Ersatz von 50-75 % des Nahrungsfetts durch MCT (= mittelkettige Triglyceride) z.B. Ceres® MCT Diät Margarine oder Speiseöl; Wichtig: einschleichende Dosierung
  • Medikamentöse Behandlung: Gabe von Colestyramin (bindet Gallensalze im Darm, führt so zu einem Rückgang der Durchfälle)

Oxalsäure und Nierensteine

Oxalsäure kommt in verschiedenen Nahrungsmitteln vor und ist Abbauprodukt des Vitamin C. Beim Gesunden bildet die Oxalsäure mit Calcium im Darm einen wasserunlöslichen Komplex (Calciumoxalat), der ausgeschieden wird. Gallensäureverluste erhöhen die Oxalsäureausscheidung im Harn und damit die Gefahr der Oxalsäuresteinbildung:

  • Als Folge der gestörten Fettresorption verbinden sich Calciumionen mit Fettsäuren zu unlöslichen Kalkseifen. Wegen der hierdurch bedingten Abnahme der Calciumkonzentration im Dünndarm bildet mit der Nahrung aufgenommene Oxalsäure wesentlich weniger unlösliches Calciumoxalat, als dies beim Gesunden der Fall ist. Folge ist eine intensivere Resorption freier Oxalsäure.
  • Mit Gallensalzen gelangt außerdem mehr Glycin ins Colon. Bakerielle Umwandlung von Glycin in Glyoxalat, welches in der Leber zu Oxalsäure umgewandelt wird.
  • Möglicherweise Steigerung der Permeabilität der Colonmukosa für Oxalat-Ionen durch hohe Gallensalzkonzentration im Colon.

Maßnahme:

Oxalsäurereiche Lebensmittel meiden! Oxalsäurereiche Lebensmittel: Rhabarber, Spinat, Mangold, Löwenzahn, Nüsse wie Mandeln, Cashewnüsse, Pecannüsse und Walnüsse, Kakao (Schokolade), Rote Rüben, Instant-Kaffeepulver

Allgemeine Therapie-Empfehlungen:

Insgesamt sollten die Patienten täglich auf eine Energiezufuhr von etwa 2500 Kilokalorien achten. In Abhängigkeit von dem Ort und dem Ausmaß des Verlusts der Resorptionsfläche, ist es wichtig, in regelmäßigen Abständen den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt – Natrium, Chlor, Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor – sowie die Serumkonzentrationen von Vitaminen – Vitamin A, D, E, K, B9, B12 – und Spurenelementen – Eisen, Zink, Selen – der Patienten zu untersuchen. So können eventuellen Mangelerscheinungen vorgesorgt werden.

Unverträglichkeiten:

Häufigkeit von Lebensmittelintoleranzen bei unausgelesenen Krankenhauspatienten (n = 1918) In verschieden Regionen Deutschlands (nach einer Erhebung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Ernährung und Diätetik)

Da jeder Patient anders reagiert, kann eine pauschale Empfehlung daraus nicht abgeleitet werden, sondern dient lediglich zur Orientierung. Um individuelle Unverträglichkeiten herauszufinden kann das Führen eines Ernährungstagebuchs hilfreich sein.

Unverträglichkeiten in %

Hülsenfrüchte 30,1 % Gurkensalat 28,6 % Frittierte Speisen 22,4 %
Weißkohl 20,2 % Kohlensäureh. Getränke 20,1 % Grünkohl 18,1 %
Fette Speisen 17,2 % Paprikagemüse 16,8 % Sauerkraut 15,8 %
Rotkraut 15,8 % Süße und fette Backwaren 15,8 % Zwiebeln 15,8 %
Wirsing 15,6 % Pommes frites 15,3 % Hartgekochte Eier 14,7 %
Frisches Brot 13,6 % Bohnenkaffee 12,5 % Kohlsalat 12,1 %
Mayonnaise 11,8 % Kartoffelsalat 11,4 % Geräuchertes 10,7 %
Eisbein 9,0 % Zu stark gewürzte Speisen 7,7 % Zu heiße / zu kalte Speisen 7,6 %
Süßigkeiten 7,6 % Weißwein 7,6 % Rohes Stein- und Kernobst 7,3 %
Nüsse 7,1 % Sahne 6,8 % Paniert Gebratenes 6,8 %
Pilze 6,1 % Rotwein 6,1 % Lauch 5,9 %
Spirituosen 5,8 % Birnen 5,6 % Vollkornbrot 4,8 %
Buttermilch 4,5 % Orangensaft 4,5 % Vollmilch 4,4 %
Kartoffelklöße 4,4 % Bier 4,4 % Schwarzer Tee 3,5 %
Apfelsinen 3,4 % Honig 3,1 % Speiseeis 2,4 %
Schimmelkäse 2,2 % Trockenfrüchte 2,2 % Marmelade 2,2 %
Tomaten 1,9 % Schnittkäse 1,6 % Butter 1,2 %